Ein Maßschuh entsteht (8) Lederabsatz und Gleitschutzsohle
Der Lederabsatz
Eine große Bedeutung beim Sohlenaufbau kommt dem Absatz zu. Er entscheidet in hohem Maße über Aussehen und Funktion des fertigen Schuhs. Breite, Länge und Höhe des Absatzes sind wichtige Parameter, die individuell auf späteren Verwendungszweck aber auch auf die Anatomie des Kunden eingestellt werden können. So bieten von der Hinterseite betrachtet, gerade oder gar nach außen ausgestellte Absätze mehr Stabilität, während nach unten verjüngte und insgesamt eher schmale Absätze mehr Eleganz ausstrahlen. Das gilt auch für die Länge des Absatzes, also wie weit er in das Gelenk (den frei schwebenden Bereich unterhalb des Fußes) hineinreicht. Und natürlich ist auch die Höhe des Absatzes ganz entscheidend dafür, wie sich der fertige Schuh trägt. Je höher der Absatz, desto eleganter aber auch weniger komfortabel ist der fertige Schuh, denn es entsteht mehr Druck auf den Mittelfußköpfchen (Ballenbereich des Fußes) durch die Verlagerung des Körperschwerpunktes nach vorne. Je niedriger, desto natürlicher ist das Trageverhalten des Schuhs. Letzten Endes sollte der Absatz eines Maßschuhs einen guten Kompromiss aus Optik und Funktion darstellen.
Wie auch immer Form und Höhe des Absatzes gehalten sind, der Aufbau bei hochwertigen Maßschuhen ist identisch. Der Absatzblock wird aus mehreren Lagen Bodenleder geschichtet. Die Lederschichten werden miteinander verklebt und zusätzlich mit Nägeln befestigt. Teilweise, bei besonders hochwertigen Exemplaren, geschieht dies auch noch traditionell mit Nägeln aus Holz. Dafür wird zuerst mit einem speziellen Nagelbohrer ein Loch durch Absatz und Brandsohle eingeschlagen in das später der Holznagel getrieben wird – wiederum ein sehr arbeitsintensiver und zeitaufwändiger Prozess. Holznägel haben aber den Vorteil, dass sie im Vergleich zu Stahlnägeln einen besseren Halt im Material bieten, da sich die Holzfasern mit den Lederfasern verzahnen und dies die Festigkeit der Verbindung erhöht. Da der Schuhboden von hinten betrachtet nie ganz eben, sondern gewölbt ist muss der Absatz dies nun ausgleichen, denn hier ist eine gerade, ebene Fläche von Wichtigkeit für einen sicheren Stand. Damit der Schuh im Fersenbereich plan auf dem Untergrund aufsteht, muss nun jede Lederschicht egalisiert werden bis der Schuh ohne zu wackeln auf dem Untergrund steht. Dabei muss natürlich auch die letzte Schicht des Absatzes – der Laufabsatzfleck – berücksichtigt werden. Dieser ist meist aus Gummi gefertigt, um die Rutschfestigkeit und den Laufkomfort zu erhöhen.
Wird der Schuh überdies hinaus im Vorfußbereich mit einer Gleitschutzsohle (auch meist aus Gummi gefertigt) ausgerüstet, so muss diese ebenfalls beim Aufbau des Absatzes berücksichtigt werden – dazu im nächsten Punkt mehr.
Nachdem alle Schichten des Absatzes aufgebracht wurden, geht es an die Formgebung. Wie eingangs erwähnt, gibt es unterschiedliche Gestaltungsmöglichkeiten. Nachdem der Absatz grob in Form geschliffen wurde wird er zusätzlich mit dem Hammer „verpinnt“. Dabei schlägt der Schuhmacher mit der scharfkantigen Hammerrückseite, der Pinne, mit vielen gezielten Schlägen ringsherum auf die Absatzaußenseite. Dabei wird das Leder zusätzlich verdichtet, was den Absatz gegen mechanische Einflüsse z.B. Kratzer resistenter macht. Oftmals wird der abschließende Lauffleck zusätzlich mit mehreren Messingstiften befestigt. Dies hat einerseits kosmetische Gründe erhöht aber zudem auch die Abnutzungsfestigkeit.
Gleitschutzsohle
Klassische Ledersohlen haben eine wunderschöne Optik aber sie haben auch einen Nachteil – sie werden bei Nässe rutschig. Für eine bessere Alltagstauglichkeit werden daher oftmals rutschfeste Gummisohlen im Vorfußbereich aufgeklebt. Diese können bei Abnutzung auch wieder leichter ausgetauscht werden – eine Reparatur der Gummihalbsohle ist weit weniger aufwändig als die Erneuerung der Lederlaufsohle samt Doppelnaht. Leider verliert der Schuh von der Seite betrachtet dadurch etwas an Eleganz, weil die Gleitschutzsohle die Laufsohle zusätzlich „dicker“ macht und dadurch, speziell bei feinen Modellen, das Erscheinungsbild dann unter Umständen etwas plump wirkt. Aus diesem Zweck gibt es spezielle Intarsien-Sohlen, wie sie bei unseren Vitallo Kontorline Modellen zum Einsatz kommen. Dabei wird eine Gleitschutzsohle im Vorfuß aufgebracht, die jedoch nicht bis zum Sohlenrand reicht, sondern etwa acht Millimeter vor der eigentlichen Sohlenkante aufhört. Im Ergebnis bleibt im Profil betrachtet die feine, dünne Ledersohle und damit die ganze Eleganz des Maßschuhs erhalten – aber in Kombination mit dem gewünschten Effekt der erhöhten Rutschfestigkeit. Die Intarsie stellt definitiv eine aufwändige aber sehr stilvolle Art und Weise dar, die Funktionalität bei klassischen Maßschuhen noch weiter zu erhöhen.
Wir nähern uns nun langsam aber sicher der Fertigstellung unseres Maßschuhs. Im nächsten Arbeitsschritt geht es um den Ausputz sowie die finalen kosmetischen Arbeiten. Mehr dazu finden Sie hier.