Warum eigentlich Maßschuhe? · Schuhmanufaktur Hackner %

Warum eigentlich Maßschuhe?

Zu diesem Thema muss ich etwas ausholen, denn in der heutigen Zeit wird der Maßschuh leider sehr häufig in einem Atemzug mit Fußproblemen genannt oder in Verbindung mit einer Krankenkassenleistung gebracht. Das wird diesem Unikat gewiss nicht gerecht, was sehr schade ist. Ein klassischer Maßschuh stellt definitiv die schuhtechnische Krönung dar – ein Meisterstück, ein Schuh der handwerklich extrem aufwändig aus feinsten Materialien gefertigt wird. Ein Schuh der individuell auf den Träger zugeschnitten ist und dessen persönlichen Lifestyle unterstreicht. Als feines Accessoire ist er das “Tüpfelchen auf dem i”.

In früheren Zeiten hat ein Maßschuh in einer gewissen Gesellschaftsschicht zum „guten Ton“ gehört. Man hat sich individuell angefertigte und perfekt passende Schuhe geleistet, um einen „stilvollen Auftritt“ zu haben. Eine sehr schöne Sichtweise, die heute eine Renaissance erlebt und die 1:1 die Philosophie der Modelle unserer Vitallo Kontorline widerspiegelt.

Man muss also ganz klar zwischen einem orthopädischen und einem klassischen Maßschuh unterscheiden. Aus diesem Blickwinkel heraus betrachtet ergeben sich zwei Gründe, warum ich einen Maßschuh benötige: Entweder, weil er aus medizinischen Gründen benötigt wird oder weil ich ihn als Ausdruck individuellen Lifestyles tragen möchte. Für den ersten Grund ist eine anatomische Unzulänglichkeit verantwortlich, die dann über eine orthopädische Maßanfertigung beim Orthopädieschuhmacher versorgt wird. Ich möchte in meinem Beitrag aber gerne auf den für mich interessanteren Aspekt nachgehen – „weil ich ihn möchte“. Und dafür gibt es verschiedene Gründe:

Individualität: Wie kein anderer Schuhtyp, wird der Maßschuh maximal individuell auf seinen Besitzer abgestimmt. Das gilt für die Passform ebenso wie für die optische Ausführung. Bei einem Maßschuh werden die für die Passform entscheidenden Leisten individuell nach den Fußmaßen des Kunden angefertigt. Die Leisten sind dabei maßgebend für die Schablonen mittels derer die Schaftteile zugeschnitten werden. Aber gerade die Möglichkeiten der optischen Gestaltung und des individuellen Designs sind beim Maßschuh sehr vielfältig. Zwar ziehen industrielle Anbieter von „Maßschuhen“ mit erweiterten Angeboten nach, allerdings werden diese Individualisierungsmöglichkeiten eine bestimmte Tiefe bei den Fertigungsmethoden und handwerklichen Techniken niemals erreichen können. Ein schönes Beispiel sind eingestickte Initialen oder Namen, was jedoch nur in bestimmten Schriftarten oder an speziellen Positionen möglich ist. So bleibt der Maßschuh auch im Zeitalter der industriellen Personalisierung an Individualität unübertroffen.

Verarbeitung: Meisterhaft (leitet sich aus dem Lateinischen „Magister“ für Lehrer/Gelehrter ab) verarbeitet, so sollte ein Maßschuh natürlich sein. Und wenn man sich in gewissen, realistischen Preisregionen bewegt (ein klassischer maßgefertigter, rahmengenähter Schuh mit Ledersohle und Lederabsatz beginnt bei ca. 2.500 Euro) darf man auch echte Handwerkskunst erwarten. Von der handeingestochenen Rahmennaht über die handgeglaste Sohle, den holzgenagelten und mit dem Hammer verpinnten, geschichteten Lederabsatz ist die Handwerksleistung hier einzigartig. Das Leder wird mit entsprechend viel Zeit und Sorgfalt behandelt, darf nach dem Handzwicken auch mal mehrere Tage auf den Leisten ruhen und sich an diese anformen, bevor weitergearbeitet wird. Der große Aufwand und die damit verbundenen Erwartungen des Kunden lohnen sich aber, denn am Ende des Prozesses steht ein individuelles Einzelstück und dessen Träger im Mittelpunkt.

Material: Je nach Gusto und Einsatzzweck werden bei einem Maßschuh die Materialien individuell ausgesucht. In der industriellen Schuhfertigung werden in der Regel Materialien eingesetzt, die das maschinelle Verarbeiten erleichtern. Das wiederum führt dazu, dass bereits im Vorfeld einer Produktion schon eine ganze Bandbreite sehr interessanter Materialkombinationen wegfallen, die sie für diese Art der Fertigung nicht ausgelegt sind.. Dagegen können wir in der handwerklichen Fertigung von Anfang an auf sehr spezifische und vielseitige Materialien zurückgreifen und diese kombinieren. Dafür sind natürlich die langjährige Erfahrung eines Schuhmachers mit den verschiedenen Kombinationsmöglichkeiten sowie damit verbunden eine hohe Materialkenntnis unumgänglich.  Weiche Ledersorten bspw. müssen in so einem Fertigungsprozess nicht kaschiert werden, um die Verarbeitung zu erleichtern. Sie können in der handwerklichen Fertigung ihre natürliche Haptik voll entfalten und tragen immens zur Steigerung der Produktqualität bei.

Understatement: Auf einem Maßschuh prangt in der Regel kein bekanntes oder glitzerndes Label das alle Welt wissen lässt, welchen Wert man an den Füßen trägt. Obgleich es Kennern sehr wohl auffällt in welcher schuhtechnischen Klasse man unterwegs ist. Der Maßschuhträger steht jedoch über diesen Dingen. Das Wissen um die hohe Qualität, der individuellen Note und der damit einhergehenden Einzigartigkeit sind dem Maßschuhträger die wohl wichtigsten Aspekte. Nur für sich allein zu wissen, dass man sich das Beste gönnt übt einen ganz besonderen Reiz aus.

Persönlicher Wert: Wie bereits erwähnt, ist ein Maßschuh etwas, das man nur sich selbst gönnt. Niemand anders als man selbst kommt in den Genuss dieses individuellen Genusses.  Es ist kein Erbstück, dessen Wert auf die nächste Generation übertragen werden kann. Man kann den Schuh nicht wertstabil weiterverkaufen wie eine wertvolle Uhr, da er ja nur dem Träger perfekt passt. Ein Maßschuh ist also eine Investition nur in sich selbst und für das eigene Dolce Vita.

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