Ein Maßschuh entsteht (5) Das Zwicken
Das Zwicken
Mit dem Zwicken wird dem noch formlosen Schaft die spätere Form des Schuhs verliehen. Dabei wird der Schaft zunächst über den maßangefertigten Leisten samt angehefteter Brandsohle gelegt. Im weiteren Verlauf wird er dann mit Hilfe einer speziellen Zwickzange über den Leisten gezogen und auf der Brandsohle mit Nägeln oder Klammern befestigt. Insbesondere an Spitze und Ferse entsteht durch das Umlegen des Schaftes über die Leistenkante ein Materialüberschuss. Der Schuhmacher muss nun durch gezielte Züge diese Falten gleichmäßig verteilen. Die Kunst des Zwickens besteht darin den Schaft mit genau dem richtigen Zug über den Leisten zu formen, so dass linker und rechter Schuh möglichst spiegelgleich sind aber auch der Schaft für den einzelnen Schuh an sich passgenau über dem Leisten liegt und Form sowie Proportionen stimmen. Zudem ist darauf zu achten, dass keine Lufteinschlüsse vorhanden sind, so dass der Schaft ohne Abstand und Zwischenräumen auf dem Leisten aufliegt.
Der Schuhmacher nimmt beim Zwicken direkt Einfluss auf die Passform. Durch die Stärke des Zugs entscheidet er, wieviel Spannung er auf das Material gibt, ob eine gewisse Rest-Zügigkeit im Material verbleibt, um den Tragekomfort des späteren Schuhs zu erhöhen oder ob das Material ganz straff über den Leisten gezogen wird, um spätere Dehnung des Materials, für festen Sitz des Schuhs, auszuschließen. Ein erfahrener Schuhmacher variiert den Zug an verschiedenen Stellen des Schuhs, um die Passform und den Tragekomfort des späteren Maßschuhs individuell auf den Träger zu optimieren. Die Zugstärke richtet sich natürlich nach dem verarbeiteten Material und der Schaftausgestaltung. Bei zu starkem Zug läuft man immer Gefahr, dass die Nähte der zusammengefügten Schaftteile der Spannung nicht standhalten und der Faden reißt oder schlimmer, dass das Material aufplatzt oder sogar einreißt. In letzterem Fall geht es direkt wieder zurück zum Zuschnitt und viel Zeit, Arbeit und Mühe wurde umsonst getan. Dies ist nur ein Beispiel für die Risiken, die eine Einzelanfertigung in sich birgt und die letzten Endes natürlich auch Einfluss auf den Preis haben.
Das Klopfen
Ein bedeutender Arbeitsschritt ist das Klopfen des aufgezwickten Schaftes mit dem Schuhmacher-Hammer. Dabei werden mit vielen gezielten Hammerschlägen in relativ hoher Frequenz die restlichen verbliebenen Übergänge am Schaft z.B. an den Kappen egalisiert. Zudem werden durch das Klopfen die Fasern im Leder verdichtet, was die Formstabilität erhöht. Im Bereich der Schuhspitze und an der Ferse werden die beim Zwicken entstandenen Falten nochmals reduziert, um die Weiterverarbeitung zu erleichtern. Über das Klopfen kann der Schuhmacher zudem, in einem bestimmten Rahmen, Einfluss auf die Optik des späteren Schuhs nehmen. Bereits kleine Veränderungen an der Lederoberfläche, durch gezieltes Klopfen, beeinflussen die Lichtreflexionen. So lassen sich Bereiche am Schuh etwas stärker betonen oder auch abschwächen, was den Schuh bestenfalls noch eleganter wirken lässt. Durch das gefühlvolle Hämmern wird das Obermaterial zudem geglättet und man erhält so den einzigartigen Look eines hochwertigen Maßschuhs.
Im nächsten Schritt geht es um die Befestigung des Schuhbodens sprich der Sohle. Wie es weitergeht, erfahren Sie hier.