Ein Maßschuh entsteht (6) Das Einstechen · Schuhmanufaktur Hackner %

Ein Maßschuh entsteht (6) Das Einstechen

In diesem Artikel dreht sich alles um die Verbindung des Schuhbodens mit dem Schaft. Wenn vom Schuhboden gesprochen wird, so ist der Teil des Schuhs unterhalb des Schaftes gemeint – er besteht aus mehreren Teilelementen: Brandsohle, (Zwischensohle), Laufsohle und Absatz. Beim klassischen Businessschuh sind diese aus vegetabil gegerbten Bodenleder gefertigt – ein starkes, hartes und robustes Rindleder, das im Grubengerbverfahren mit Eichenlohe hergestellt wird. Komplettiert wird der Schuhboden durch das sogenannte Gelenkstück. Es dient der Versteifung der Schuhsohle in dem Bereich zwischen Absatzende und dem Bodenkontaktpunkt im Ballenbereich – also dem Bereich der Schuhsohle, der am fertigen Schuh keinen Bodenkontakt hat. Oftmals wird bei günstigem Schuhwerk mit Absatz auf ein stabiles Gelenkstück verzichtet. Man erkennt dies, wenn sich die Sohle vor dem Absatz, im Bereich an dem sie keinen Bodenkontakt hat, unschön nach unten durchdrückt. Bei einem hochwertigen Schuh ist auch unter Belastung ein harmonischer Übergang von Absatz zu Laufsohle zu erkennen.

Doch kehren wir zurück zur Bodenbefestigung. Der Boden, oder vereinfacht ausgedrückt die Sohle, muss mit dem Schaft dauerhaft verbunden werden – dafür gibt es verschiedenste Macharten. Traditionell (seit hunderten von Jahren) wird der Boden mit dem Schaft durch Nähte verbunden. Erst in der zweiten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts, und mit der weiteren Verbreitung der industriellen Schuhfertigung, wurde der Einsatz von Klebstoffen bei der Schuhbodenbefestigung immer beliebter. Die Befestigung mittels Nähten ist aber nach wie vor die haltbarste aller Schuhboden-Befestigungsarten.

Bei einem exklusiven Maßschuh entscheidet heute zumeist der spätere Verwendungszweck über die Wahl der Befestigungsart des Schuhbodens. Wenn wir an dieser Stelle von einem klassischen Businessschuh ausgehen, so sollte dieser Eingestochen, sprich genäht, sein und bestenfalls sollte dieser Arbeitsgang von Hand geschehen. Dass dieser Arbeitsgang auch maschinell möglich ist, beweisen die Goodyear-genähten Exemplare – die zumeist günstigeren Vertreter im Maßschuhsegment oder Prêt-à-porter Bereich – mehr dazu hier.

Wie bereits erwähnt, ist die Königsdisziplin der handeingestochene Schuh. Hier wird mit einem speziell geflochtenen Garn, dem sogenannten Draht, der Rahmen (ein langer, speziell vorbereiteter Lederstreifen) am Schuh mittels der Einstechnaht befestigt. Dabei werden Rahmen, Schaft und Brandsohle miteinander vernäht. Dies kann mit Hilfe verschiedener Techniken geschehen, die sich im Detail unterscheiden – der zwiegenähte und der rahmengenähte Schuh seien hier stellvertretend erwähnt. Je nach Bodenbefestigungsart, zum Beispiel bei rahmengenähten Schuhen, verläuft diese Naht nicht ringsherum um den gesamten Schuh, sondern nur von Absatz über die Schuhspitze zu Absatz. Bei zwiegenähten Modellen hingegen verläuft die Einstechnaht um den gesamten Schuh herum.

Damit sich der Rahmen gleichmäßig an den Schaft anlegt und um das Durchstechen des Leders zu erleichtern, wird der Rahmen komplett durchfeuchtet, so dass er weich, biegsam und anschmiegsam wird. Gleiches gilt auch für die Brandsohle. Mit einer Ahle wird nun durch den Damm der Brandsohle, Schaft und Rahmen gestochen. Im Anschluss wird durch jedes Loch über Kreuz der Draht geführt und festgezogen – Stich für Stich. Der Abstand der Stiche variiert dabei zwischen circa sechs und zehn Millimeter. Man kann also erahnen, dass dieser Arbeitsgang in jedem Fall ein sehr zeit- und arbeitsintensiver Fertigungsschritt ist, der dem erfahrenen Schuhmacher technisch und vor allem aber auch in puncto Kraftanstrengung sehr viel abverlangt.

Nachdem der Rahmen befestigt wurde, wird überschüssiges Material von Rahmen und Schaft vorsichtig, ohne die Naht zu beschädigen, abgeschnitten. Im Anschluss das Gelenkstück eingesetzt. Es gibt hier verschiedene Materialen, die für dieses Versteifungselement zum Einsatz kommen. Von Holz oder Metall bis hin zu faserverstärktem Kunststoff reicht die Bandbreite und wird herstellerspezifisch, je nach Philosophie und Preisrange entsprechend, eingesetzt.

Bevor nun die Laufsohle aufgebracht wird, muss der Schuhboden geglättet und Unebenheiten ausgeglichen werden, um spätere Hohlräume im Sohlenbereich zu vermeiden. Dies geschieht mit Hilfe der sogenannten Ausballung. Dabei wird beispielsweise eine Korkschicht aufgeklebt oder eine sogenannte Ausballmasse aufgetragen. Diese wird im Anschluss mit einer Raspel oder an der Schleifmaschine abgeschliffen, bis der Schuhboden gleichmäßig glatt ist.

Im nun folgenden Fertigungsschritt wird eine zweite Naht gesetzt – die Doppelnaht. Mehr dazu erfahren Sie hier.